Vorbeugende Maßnahmen des ökologischen Pflanzenschutzes
Im ökologischen Landbau steht das Vorbeugen im Vordergrund, nicht die Bekämpfung von Schaderregern. Standort- und Sortenwahl, Bodenbearbeitung, Fruchtwechsel, Düngung und andere zentrale Kulturmaßnahmen sollten so ausgerichtet sein, dass die Pflanzen gesund und möglichst widerstandsfähig gegen Schaderreger sind. Denn häufig lassen sich Krankheiten und Schädlingsbefall auf fehlerhafte Anbaumaßnahmen zurückführen.
Gesunder Boden und ausreichend lange Anbaupausen

Vorbeugender Pflanzenschutz beginnt mit einem gesunden Boden. Ein aktiver, belebter Boden wirkt grundsätzlich krankheitshemmend. Voraussetzungen dafür sind eine ausreichende Versorgung mit organischer Substanz, eine optimale Durchlüftung und eine gute Wasserversorgung. Bei Leguminosen sollte außerdem auf ausreichend große Anbaupausen geachtet werden, um Leguminosenmüdigkeit und bodenbürtigen
Krankheiten vorzubeugen. So ist etwa beim Erbsenanbau ein Abstand von mindestens neun Jahren einzuhalten. Zudem müssen auch ausreichende Abstände zu Rotklee und Luzerne berücksichtigt werden. Bei Ackerbohnen empfiehlt sich ein Anbauabstand von sechs Jahren.
Wahl geeigneter Arten und Sorten
Darüber hinaus kann die Arten- und Sortenwahl von erheblicher Bedeutung für den vorbeugenden Pflanzenschutz sein. Werden Pflanzen an einem ungeeigneten Standorten angebaut, erhöht sich das Risiko für Krankheiten. Auch bei der Wahl der Sorte ist nicht nur die Resistenz gegen verschiedene Schaderreger entscheidend. Viel wichtiger ist eine geringe Anfälligkeit gegenüber Schaderregern, die im ökologischen Landbau eine Rolle spielen.
Fruchtfolge
Eine entscheidende Voraussetzung für gesundes Wachstum und geringe Verunkrautung ist eine auf den Standort zugeschnittene Fruchtfolge. Vielfältige Systeme sind in der Regel deutlich stabiler als einseitige. Kurze Fruchtfolgen mit wenigen Kulturen sind deshalb zu vermeiden. Auch der Wechsel von Winterung und Sommerung hat großen Einfluss auf den Anbauerfolg, vor allem in Bezug auf die Verunkrautung. Klassische Fruchtfolgeunkräuter wie Ehrenpreis oder Flughafer, die sich durch einseitigen Herbst- oder Frühjahrsanbau vermehren, können durch Anpassungen bei Winterungen und Sommerungen reguliert werden. Noch wichtiger ist die Fruchtfolge
für eines der wichtigsten Problemunkräuter des ökologischen Landbaus: der Acker-Kratzdistel. Ohne einen ausreichenden Anteil an Futterleguminosen, vor allem Rotklee oder Luzerne, ist die Distel kaum regulierbar.
Pflanzengesundheit
Die Pflanzengesundheit steht in enger Beziehung zum Gehalt an organischer Substanz, zur Humusqualität und zu einem gesunden Bodenleben. Über verschiedene Wechselwirkungen und Regelmechanismen können sich einzelne Krankheitserreger in einem aktiven Boden nicht stärker vermehren. Zudem wird die Widerstandskraft der Pflanzen verbessert. Man spricht von einem "antiphytopathogenen Potenzial" des Bodens, das durch Versorgung mit organischer Substanz und der Optimierung der Umsetzungsbedingungen (Wasser, Luft, pH-Wert) noch gefördert werden kann. Die damit verbundene Humusversorgung ist deshalb für die Pflanzengesundheit von besonderer Bedeutung.
Bodenbearbeitung

Eine optimale Bodenbearbeitung gewährleistet eine gute Durchwurzelung und damit eine optimale Entwicklung der Pflanzen. Strukturschäden durch Bearbeiten bei Nässe oder hohe Lasten führen automatisch zu eingeschränktem Wurzelwachstum und einer Verstärkung von Stressfaktoren wie Trockenheit oder Nässe. Auch gegenüber Schadinsekten sind gestresste Pflanzen anfälliger. Über eine angepasste Bodenbearbeitung kann also die Grundlage für einen geringeren Schädlingsdruck gelegt werden. Der Infektionsdruck durch pilzliche Erreger lässt sich zum Beispiel verringern, indem man Stroh oder Stoppelreste nicht zu tief einarbeitet, um die Abbauprozesse in Gang zu halten. Im gleichen Sinne wirkt die flache Stoppelbearbeitung, die unter anderem dem schnellen Auflaufen der auftretenden Unkrautsamen dient.
Saat
Die Saatzeit hat auf das Unkrautgeschehen einen wesentlichen Einfluss. Die jeweils vorliegenden Bedingungen fördern bestimmte Arten stärker und bremsen Konkurrenzarten mit anderen Ansprüchen. Das kann ganz gezielt für Problemunkräuter genutzt werden. Frühe Aussaaten bei Wintergetreide sind bei Vorhandensein von Ackerfuchsschwanz in der Regel zu riskant. Eine spätere Aussaat hilft, ihn zu dezimieren. Noch stärker wirkt sich die Saatzeit auf den Pilzdruck aus, was durch entsprechende Witterungsbedingungen noch verstärkt wird. Unterschiede der einzelnen Arten sind dabei zu beachten. Die Bestockung im ökologischen Getreidebau ist in der Regel deutlich geringer als im konventionellen Bereich. Eine ausreichende Bestandsdichte ist die Grundvoraussetzung, um eine ausreichende Konkurrenz gegenüber Unkraut zu schaffen. Sie lässt sich über einen günstigen Saatzeitpunkt, eine ausreichende Aussaatstärke und eine optimale Saatgutqualität sicherstellen. Umgekehrt führen zu dichte Bestände zu einen deutlich höheren Pilzdruck und geringerer Standfestigkeit.
Bestandesführung
Eine gezielte Bestandesführung ist im ökologischen Landbau nur eingeschränkt möglich. Organische Düngung und Unkrautregulierung (Mineralisierungseffekt) können durchaus üppigere und damit anfälligere Bestände zur Folge haben. Hier ist zu beachten, dass ein Überreizen zwar selten, aber durchaus möglich ist. In gut versorgten Beständen kann es zum Beispiel durch zu hohe Güllegaben bei entsprechender Witterung zu Pilz- und Unkrautproblemen kommen. Eine ausgewogene Nährstoffversorgung ist also von großer Bedeutung.
Förderung von Nützlingen

Ein stabiles Gleichgewicht, in dem Schädlinge durch verschiedene Gegenspieler auf natürliche Weise begrenzt werden, kann gefördert und verstärkt werden, indem man Nahrungsangebote und Rückzugsmöglichkeiten für Nützlinge schafft. Viele Nützlinge ernähren sich als ausgewachsene Insekten von Nektar und Pollen, während ihre Larven räuberisch sind, zum Beispiel Gallmücken, Flor- und Schwebfliegen oder verschiedene Schlupfwespen. Für andere stellt Nektar und Pollen ein alternatives, ergänzendes Nahrungsangebot dar, zum Beispiel für Marienkäfer und Blumenwanzen. Zudem finden sich in Blühstreifen oft zusätzliche Beute- und Wirtstiere für Schlupfwespen und Blattlausräuber. Schließlich bieten Rückzugsstrukturen Nützlingen Möglichkeiten sich vor Witterung, Mahd und Pflanzenschutzmaßnahmen zu schützen, zu vermehren, verpuppen oder zu überwintern. Zur Nützlingsförderung sind besonders die Anlage von Hecken und Feldgehölzen, Feldrainen oder Blühstreifen geeignet. Für die meisten Gegenspieler ist ein möglichst durchgängiges Angebot an offenen Blüten, in denen Nektar und Pollen für kurzrüsselige Insekten leicht erreichbar sind, entscheidend. Gelbe Blütenfarben locken zudem besonders Schwebfliegen an. Mit in der Region heimischen, mehrjährigen Arten angesäte Blühstreifen bieten oft das beste und stabilste Blütenangebot im Vergleich zu natürlicher Begrünung oder einjährigen Arten. An nährstoffarmen Standorten siedeln sich auch ohne Einsaat wertvolle Arten an. Über das Begrünungsmanagement hinaus kann eine Ansiedlung von wild vorkommenden Nützlingen in wenig besiedelte Anlagen und Neupflanzungen sinnvoll sein. In der Praxis wird die Ansiedlung von Raubmilben zur Bekämpfung von Spinnmilben in Weinbergen und Hopfengärten und die Ansiedlung von Ohrwürmern zur Regulierung von Blutläusen und Mehliger Apfelblattlaus im Obstbau angewendet.
Besonderheiten beim Kartoffelanbau

Die Kartoffel nimmt hinsichtlich des vorbeugenden Pflanzenschutzes im Ackerbau eine Sonderstellung ein. Beim Anbau müssen verschiedene Maßnahmen ergriffen werden, um der Problemkrankheit Krautfäule (Phytophtora infestans) entgegenzuwirken. Insbesondere das Vorkeimen ermöglicht ein Vorverlagern des Wachstums in eine unkritischere Phase mit geringerem Phytophtora-Druck und bietet zusätzlich eine gewisse Altersresistenz. Aber auch die Lage des Feldes und die Ausrichtung der Dämme bewirken bei günstigen Bedingungen eine schnellere Abtrocknung des Krauts und damit weniger Pilzprobleme.